Montag, 29. April 2013

FernUni Hagen - MOOC „Interdisziplinärer Diskurs zur digitalen Gesellschaft"

Zum Impulsreferat von Prof. Dr. Bastiaens "Neues Lernen - neue Lehre? Der Homo Zappiens an der Uni"


 
Meine Generation (Baujahr 1989) stand aus meiner Sicht etwa an der Schwelle von einer Generation, die  Informationsmedien hauptsächlich dem Fernsehen, dem Telefon, Radio, Büchern, Zeitschriften und Plakaten entnahm zu jener, welche die digitalen und technischen Medien a priori als fester Lebens- und Informationsbeschaffungsbestandteil ansieht. Mit der Technisierung und der Digitalisierung nahm es seine Anfänge und wir wurden so Zeugen davon, wie sich die Welt mit den neuen Medien veränderte. Gleichzeitig beeinflussten sie uns, sodass sie unseren Blick auf die Welt veränderten. Jedoch spreche ich dieser „Schwellengeneration“ zu, dass wir noch ein gewisses Vermögen besitzen, das Davor und Mittendrin einer „Netzwerkgeneration“ zu (er)kennen.   

 

Trendline Medienkommunikation

 
Als die ersten Handys aufkamen, stellten diese einen enormen Fortschritt dar. Man konnte nun auch unterwegs mit seinen Freunden, seiner Familie sprechen oder wichtige Termine ausmachen. Die Leute wurden relativ ortsunabhängig erreichbar.  Im Laufe der Zeit wurde aus dem Handy das Smartphone (oder iPhone) und es diente nun nicht mehr schlichter schriftlicher oder sprachlicher Kommunikation, es wurde zum Allrounder. Kamera, „Playstation“, Messenger, Terminkoordinator, Geschäftsabwickler, alles in einem Plastikgehäuse auf engstem Raum vereint.   Als transportables Gerät, wurden Informationen aus dem Internet von überallher abrufbar. Im gleichen Maße nahmen jedoch auch die Informationen im Net zu. Jeder war nun in der Lage „seinen Senf dazuzugeben“. Über Social Networks wie Twitter, Facebook usw. traten anstelle der persönlichen Kommunikation Medien, mit denen man sich leicht mit vielen Leuten vernetzen, Ideen, Infos, Persönliches, Daten und einfach alles teilen konnte. Dies gab jedoch auch Raum für ein gemeinsam geteiltes Wissen, das prinzipiell (bei vorhandener Ausstattung) jeder mit jedem teilen konnte, was zweifellos ebenso ein großes Entwicklungspotential bereithielt, wie auch Gefahren als dessen Äquivalent (nicht zuletzt durch vorgebliche oder vorhandene Anonymität befördert) Cyber-Kriminalität, Manipulation, Denunziationen etc. stehen.

 

Ausbau der Medienkompetenz als Schlüsseldisziplin  


Das Potential des gemeinsamen Wissens, zu dem jeder beitragen und es dadurch fortentwickeln könnte, steht klar im Zentrum heutiger bildungspolitischer Debatten. Doch wie soll dieses zugänglich gemacht werden und wie kann ein adäquater Umgang damit erlernt bzw. gelehrt werden? Mit diesen Fragen beschäftigte sich unter anderem die Internet & Gesellschaft Co:llaboratory e.V. (http://dl.collaboratory.de/reports/Ini7_Lernen.pdf) im Abschlussbericht der Initiative "Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ“ vom April diesen Jahres. Durch geschulte Medienkompetenz soll erreicht werden, dass jeder von uns in der Lage ist, in der Sintflut der Informationen zu bestehen und ein Medienbewusstsein zu entwickeln, welches das Wissen darum voraussetzt, dass der Mensch beinahe ausschließlich medial über seine Umgebung lernt. Diesbezüglich ist also auch eine Kompetenz erforderlich, die es uns erlaubt zu selektieren. Bewirkt werden soll dadurch auch die Ausbildung einer moralischen, sozialen und gesellschaftlichen Urteilsfähigkeit.  Der Umgang mit den technischen/ Software-Komponenten kann dementsprechend bereits im Unterricht vermittelt werden.  Zudem würde eine solche Verwendung moderner Medien einen konstanten Lernprozess beinhalten, der durch dessen dynamischer Entwicklung und damit einhergehend mit einer immer wieder neu abzustimmenden Vorgehensweise zur Ver- und Bearbeitung kollaboriert.  Um eine Basis zum Medienumgang zu schaffen,  gehört nach Meinung der Experten insbesondere eine bessere „medienpädagogische“ Ausbildung der Lehrkräfte  hinzu.
In der Tat mangelt es im Schulalltag scheinbar häufig an hinreichend geschulten Fachkräften, die den Schülern einen angeleiteten Einstieg in die Medienwelt eröffnen könnten. Nicht zuletzt scheitert dieses Vorhaben jedoch bereits oftmals an der Ausstattung der Einrichtung und in diesem Kontext an nötigen finanziellen Mitteln. Die Frage nach einer Förderung der Medienkompetenz innerhalb des Schulsystem, bedeutet für mich auch die Frage nach einer dahingehenden Finanzierung zu stellen. Angesichts steigender Verschuldung und einer immer weiter auseinanderklaffenden sozialen Schere für mich eine offene Frage.

Frühsensibilisierung

 
Ein Grundvermögen an kritischer Reflexionsfähigkeit als auch selektives Feingefühl wird laut Co:llaboratory jedoch vorausgesetzt, sodass jeder ‚User‘ dazu angehalten ist,  „diese (Lernlandschaften) eigenverantwortlich hinsichtlich Qualität und Kontext zu bewerten.“ (Vgl. http://dl.collaboratory.de/reports/Ini7_Lernen.pdf).  Genau darin sehe ich persönlich jedoch ein Problem, denn wie lernen wir, was relevant für uns sein und was aus dem Raster fallen sollte?
Da ich selbst in einer Grundschule tätig bin, erstaunt mich täglich die große Menge an Kindern, die bereits im Alter von 6-11 Jahren Zugang zu Internet, einem Smartphone und weiteren Kommunikationsmedien erhalten. Viele bekommen dieses von ihren Eltern zur Verfügung gestellt. Leider ohne die nötigen Kompetenzen und die nötige Aufklärung zu besitzen. Innerhalb von vereinzelten AGs und Projekten wird darauf reagiert, jedoch nicht flächendeckend. Da Kinder bereits sehr früh mit solchen Medien in Kontakt kommen, empfinde ich es als wichtig, sie auf diese vorzubereiten, angeleitet erste Begegnungen mit dem Internet zu erfahren, aufzuklären, zu erläutern wo Vorsicht geboten ist, wie sie Informationen am besten filtern können. Von vornherein eine mediale Sensibilisierung erreichen, dies sollte Ziel eines Bildungssystems sein, welches auf solchen Kompetenzen aufbauen will.
 

Das mediale "second life"


Probleme, die sich hieraus ergeben sehe ich in einer ständigen Vernetzung. Wie oft hat jeder von uns auf der Straße Menschen beobachtet, die auf ihr Smartphone starrten, während ihr „Mitläufer“ versuchte mit ihnen mühevoll ins Gespräch zu kommen oder deren Aufmerksamkeit zu erlangen. Man kann nicht nicht kommunizieren.  Paul Watzlawick erkannte dies, insofern er bemerkte, dass eine Kommunikation bereits dann beginnt, wenn sich zwei Individuen überhaupt wahrnehmen. Was kommuniziert dann also stures Bildschirmgestarre? Laufen wir nicht Gefahr, unsere Umwelt und persönliche Kontakte nur noch medial wahrzunehmen? Durch eine ständige Erreichbarkeit, die vor allem durch Smartphones gewährleistet wird, können wir an einem konstanten Informationsfluss teilhaben, der uns jedoch auch dazu führen kann, dass wir einen regelrechten Zwang verspüren, nichts verpassen zu dürfen, sodass gleichzeitig gleich mehrere Kommunikationskanäle offenstehen.   Die Gefahr buchstäblich nicht mehr abschalten zu können wächst. Das mediale Bewusstsein benötigt einer Transformation, derer unsere Leistungsgesellschaft nicht förderlich ist. Zurückkommend auf das Beispiel aus meinem Arbeitsalltag, bemerke ich außerdem, dass viele Kinder nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu beschäftigen. Sie sind es gewohnt, dass dies die Medien für sie tun. Nimmt man ihnen mediale Strukturen, stellt sich teilweise Orientierungslosigkeit ein. Ohne ständigen Input, wirken sie desillusioniert. Geht man in konstruktivistischer Denkweise davon aus, dass das, was wir unter spezifischen Voraussetzungen lernen, weitegehend von uns selbst abhängt, wird daran klar, was diese Kinder unter den ihnen gebenden, medialen Bedingungen nicht (mehr) gelernt haben und was ihr Leben hauptsächlich prägt. Erfahren ihre Lebensumstände keine ausgewogenere Sphäre von Mediennutzung und einem Dasein jenseits dessen, sehe ich bestimmte Entwicklungsbereiche gefährdet, deren Ausbildung jedoch wiederum für eine kompetente Nutzung der Medien wichtig wäre. Ich gehe daher mit dem auf Moodle bereitgestellten Inhalt von Hans Mestrum konform, wenn dort behauptet wird, dass unterschiedliche Medien zur Ausbildung unterschiedlicher Fähigkeiten führen. Die Schwierigkeit liegt meines Erachtens darin, diese beiden Komponenten (Jenseits und Diesseits der Medien)zusammenzuführen und Medien nicht zum bestimmenden Lebensinhalt zu normen.
 

Mediale Wirtschaft

 
Verbunden mit dem Thema Nachhaltigkeit gewinnt eine auf Medien ausgerichtete Welt noch einmal eine andere Intensität, womit sich zum einen die Frage nach dem medialen Umgang außerhalb des offiziellen Bildungssystems und innerhalb des Privatbereichs ergibt, die auch an die Medienkompetenz sowie an die finanziellen Mittel der Eltern geknüpft ist, und eine Frage der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit darstellt. Wollen wir eine globalisierte Welt erschaffen, in der jeder Zugang zum Internet oder einem PC/Notebook etc. – damit auch zu medialen Lehr- und Lerninhalten -  hat, drängt sich mir somit die soziale Frage auf. Wer kann sich den Zugang leisten? Provozieren wir mit unserer zunehmenden Bezugnahme auf Medien nicht sogar mitunter soziale Unterschiede? Laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (http://www.bmbf.de/de/16684.php) erweist sich Medienkompetenz immer mehr als Katalysator der Wirtschaft. Sie ist darüber hinausgehend das Mittel, um im internationalen Wettbewerb wirtschaftlich bestehen zu können. Insofern bestimmen Medien also schon längst über existentielle Grundlagen.  

 
Eine entsprechende Medienkompetenz inklusive Informationskompetenz wird zunehmend zur Voraussetzung für die Teilhabe an Wissen und den Möglichkeiten digitaler Lehr- und Lernprozesse. Medienkompetenz kann heute bereits neben Lesen, Schreiben und Rechnen als "vierte Kulturtechnik" bezeichnet werden und ist eine entscheidende Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts.

Insofern unsere Gesellschaft von diesen Medien abhängig ist und auf diese aufbaut, ist eine Beschäftigung mit ihnen unumgänglich.  Um diesen Umgang sicherzustellen, setzt das Bildungsministerium verschiedene Projekt- sowie institutionelle Fördermaßnahmen an. Mediale Bildung soll flexibel und aktiv gestaltet werden können.  Dieses Vorhaben empfinde ich als notwendig. Unsere Gesellschaft ist dynamisch geprägt, ein einfacher Einstieg, auch für „Quereinsteiger“, ist wichtig, um mitzuhalten. Gerade die FernUni ist dafür ein gutes Beispiel. Viele Studenten studieren in Teilzeit, um sich neben ihrem Beruf weiterzubilden, sich auf diese Weise beruflich neue Wege zu erschließen. An einer Präsenzuni wäre so etwas kaum vorstellbar. Je mehr dieses Angebot gesellschaftlich benötigt wird, desto bedeutungsvoller wird auch die Vernetzung bzw. der Zugang zu Informationen, was wiederum eine verstärkte Nutzung von Medien nach sich zieht.
Es ist nun wichtig, gerade in einer globalisierten, sich stets in Bewegung befindlichen Weltgemeinschaft, Lerninhalte überall abrufen zu können, nicht mehr also an einem Ort gebunden zu sein. Nicht nur Universitäten können zu diesem Zweck von online abrufbaren Lernplattformen profitieren, auch Schulen könnten zukünftig ihre Kompetenzen innerhalb der Mediennutzung ausbauen. Schülern könnte so Infomaterial in einer sicheren Onlineumgebung bereitgestellt werden, sodass hier bereits Medienkompetenzen erworben werden können.  
 

Schlussgedanke

 
Schlussendlich möchte ich jedoch noch einmal zu bedenken geben, dass unser Bewusstsein derartig auf Medien „abgerichtet“ wird, dass die jüngere Generation teilweise scheinbar in ihnen lebendig wird.  Insofern ist auch eine Förderung anderer Kompetenzen, gerade zum Zwecke eines bewussten Umgangs mit medialen Inhalten, meiner Meinung nach, unabdingbar.